Digital Competence (Medienbildung)

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Von der Europäischen Kommission entworfenes länderübergreifendes Konzept zur Standardisierung von Digitalkompetenzen (DigComp). Der dem Konzept beigefügte Referenzrahmen dient der Selbsteinschätzung des eigenen Wissens und eigener Fähigkeiten im Bereich des Digitalen.
Dieser Artikel verweist auf folgende weitere Beiträge:
21st Century Skills (Medienbildung), Digitale Kompetenz (Medienbildung), Digitalisierung (Medienwissenschaft), ICT Literacy (Medienbildung), Informationelle Selbstbestimmung (Rechtswissenschaft), Netzwerk (Medienwissenschaft)

Was bezeichnet dieser Begriff?

Digital Competence oder kurz DigComp ist ein von der Europäischen Kommission gemeinsam mit dem Joint Research Centre (JRC) entworfenes länderübergreifendes Konzept zur Standardisierung von Digitalkompetenzen, das europäischen Bürger_innen als Werkzeug zur Selbsteinschätzung des eigenen Wissens sowie ihrer Fähigkeiten im Bereich des Digitalen dienen soll. Bezeichnetes Ziel der europäischen Kommission ist es, die Bürger_innen mithilfe des Referenzrahmens dabei zu untertützen, eigene Ambitionen in Bezug auf die Bereiche der Arbeit und der Beschäftigungsfähigkeit, des Lernens, der Freizeit sowie der allgemeinen Teilhabe an der digitalen Gesellschaft zu formulieren und zu realisieren.[1]

Das europäische Referenzwerk soll darüber hinaus politische Entscheidungsträger_innen bei der Orientierung im Bereich digitaler Bildungsoffensiven unterstützen sowie als inhaltliche Vorarbeit und Basis für auf spezifische Zielgruppen ausgerichtete Bildungs- und Schulungsinitiativen zur Verbesserung digitaler Kompetenzen und Fähigkeiten dienen. DigComp soll für diese Anwendungsbereiche auf europäischer Ebene eine "gemeinsame Sprache" bereitstellen, welche die Schlüsselbereiche der digitalen Kompetenz identifiziert und erläutert.[2]

Seit 2013 wird der Referenzrahmen DigComp im unregeläßigen Abständen aktualisiert. Alle Publikationen, so auch die aktuellste Version mit dem Titel DigComp 2.1 (2017), beziehen sich auf einen von der Initiative festgelegten Standard, der fünf Kompetenzbereiche definiert, die hier vom Englischen ins Deutsche übersetzt wurden:[3]

  • Kompetenzbereich 1: Informations- und Datenkompetenz
  • Kompetenzbereich 2: Kommunikation und Kooperation
  • Kompetenzbereich 3: Erstellung digitaler Inhalte
  • Kompetenzbereich 4: Sicherheit
  • Kompetenzbereich 5: Problemlösung

Bei der Planung von Bildungsoffensiven im Hinblick auf Digitalkompetenz gilt es demnach, diese fünf Kompetenzbereiche gleichermaßen zu berücksichtigen. Die digitale Kompetenz wird dabei nicht alleine dadurch definiert, dass man sich in diesen fünf Kompetenzbereichen sicher bewegen kann, sondern beinhaltet zudem, dass man mit der digitalen Entwicklung Schritt halten und andere in ihrer Entwicklung der Digitalkompetenz unterstützen kann.[4]

Die in diesem Artikel genannten Fertigkeiten und Fähigkeiten beziehen sich auf die Einteilung des DigComp und können daher lediglich einen Eindruck des durch das JCR-Institut und die Europäische Kommission geprägte, jedoch international einflussreiche Verständnis von Digital Competence geben. Die deutsche Prägung des Begriffs der digitalen Kompetenz ist von der englischsprachigen Prägung zu unterscheiden, selbst wenn sich auch hier durchaus Parallelen finden lassen. Auch wird der Begriff häufig mit Termini wie ICT Literacy oder 21st Century Skills synonym verwendet. Die Auffassungen darüber, inwiefern hier Unterschiede bestehen, divergieren teilweise. Caroline Rizza fasst diese teils gegenläufigen Auslegungen in ihrem Beitrag zur Digital Competence zusammen. Demnach umfasse der Begriff 21st Century Skills über den kompetenten Umgang mit digitalen Technologien hinaus auch stärker soziale Fähigkeiten, die durch die Digitalisierung notwendig werden, und bewege sich damit auf einem allgemeineren Niveau.[5] Von ICT Literacy ist Digital Competence nur schwer abzugrenzen. Anzunehmen wäre hier beispielsweise, dass eine Förderung im Bereich der ICT Literacy stärker auf den schulischen Bildungsbereich bezogen ist, während sich Digital Competence ganz allgemein an allen Zielgruppen orientiert.

Woher kommt der Begriff?

Der Begriff Digital Competence (dt. Digitale Kompetenz) kam im Zuge der Entwicklungen der Gesellschaft hin zu einer Informationsgesellschaft auf, in der Wissen und Kommunikation mehrheitlich durch Informationstechnologien vermittelt werden. In diesem Zusammenhang rücken digitale Technologien in den Mittelpunkt sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Handlungen, weshalb weltweit die Notwendigkeit für Bürger_innen besteht, sich neue Fähigkeiten und Kompetenzen anzueignen, um den neuen Möglichkeiten, aber auch Risiken digitaler Technologien gerecht zu werden.[6]

Vor diesem Hintergrund wurde 2005 im Auftrag der Europäischen Kommission das JRC-Forschungsinstitut gegründet, welches seitdem das Ziel verfolgt, "der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten eine evidenzbasierte politische Unterstützung zur Erschließung des Potenzials digitaler Technologien zu bieten, um Bildungs- und Ausbildungspraktiken zu verbessern, den Zugang zu lebenslangem Lernen zu ermöglichen" und neue Fertigkeiten und Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien zu entwickeln, "die für Beschäftigung, die persönliche Entwicklung sowie die soziale Eingliederung erforderlich sind."[7] Hierfür führte das Institut laut eigener Aussage mehr als zwanzig Studien durch und veröffentlichte mehr als einhundert unterschiedliche Publikationen zu dem Thema, darunter den sogenannten DigComp zur Standardisierung digitaler Kompetenzen, der laufend aktualisiert und erweitert wird.[8]


Wonach muss ich fragen?

Um konkrete Anwendungsbeispiele von Digital Competence nach dem europäischen Modell zu erfragen, hilft eine Unterteilung in verschiedene Kompetenzbereiche nach dem DigComp-Schema[9], welche hier seit 2017 in bis zu acht Fertigkeitsstufen unterteilt sind. Exemplarisch und vereinfacht dargestellt sind im Folgenden die wichtigsten Bereiche und dazugehörige Fragestellungen. Es ist anzumerken, dass je Kompetenzbereich bis zu acht aufsteigende Fertigkeitsgrade ausgewiesen sein können, jedoch nicht immer alle acht bei jedem Individuum und in jeder Situation vorausesetzt werden können und müssen. Dies erklärt die Abwesenheit einiger Fertigkeitsgrade in manchen Kompetenzbereichen.

Kompetenzbereich 1: Informations- und Datenkompetenz

Fertigkeitsgrad Fertigkeitsbeschreibung Fragen
1 Identifikation der Informationsbedürfnisse Kann ich in einer Liste von Quellen die für mich relevanten Einträge herausfiltern?
2 Informationen in digitalen Umgebungen organisieren Kenne ich Apps oder Programme, die mir das Verwalten von Informationen ermöglichen?


Kompetenzbereich 2: Kommunikation und Kooperation

Fertigkeitsgrad Fertigkeitsbeschreibung Fragen
3 Durchführung vorgegebener Interaktionen mit digitalen Technologien Bin ich in der Lage, mit anderen Kolleg_innen via eines E-Mail Programms zu kommunizieren?
4 Handhabung adäquater Technologien zum Teilen von digitalen Inhalten Kann ich Inhalte in ein cloudbasiertes Speichersystem eingeben um sie mit anderen Kolleg_innen zu teilen?
5 Benutzung passender Technologien zur Teilnahme in einer digitalen Gesellschaft Bin ich in der Lage, beispielsweise Facebook zu nutzen um an diversen Events teilzunehmen?
6 Abwechselnde Nutzung verschiedener Technologien zur bestmöglichen Kreierung kollaborativer Inhalte Kann ich mit geeigneten Mitteln eine Broschüre erstellen, um Dritte über ein bestimmtes Thema zu informieren?
7 Komplexe Problemlösung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse entsprechend der jeweiligen Zielgruppen Bin ich dazu fähig, ein komplexes Event zu organisieren und bei eventuell auftretenden Konflikten Kompromisse zu finden?
8 Komplexe Problemlösung, felderweiternde Ideen und Vorschläge Kann ich bestehende digitale Strukturen durch neue, bessere ersetzen?


Kompetenzbereich 3: Erstellung digitaler Inhalte

Fertigkeitsgrad Fertigkeitsbeschreibung Fragen
1 Auswahl geeigneter Formate, um sich gewünscht auszudrücken Kann ich ein anleitendes Video erstellen, um Dritten etwas beizubringen?
2 Simple Modifikationen an digitalen Inhalten Kann ich eine PowerPoint-Präsentation um Animationen, Effekte und Bilder ergänzen?
3 Umgang mit Kopierschutz und Lizenzrechten Weiß ich, welche Bilder ich verwenden darf und welche nicht?
4 Instruktionen für Rechnersysteme Kann ich ein simples Spiel in einer Programmiersprache erstellen?


Kompetenzbereich 4: Sicherheit

Fertigkeitsgrad Fertigkeitsbeschreibung Fragen
5 Anwendung diverser Methoden, um digitale Inhalte zu schützen Schütze ich meinen Social-Media-Account beispielsweise durch ein starkes Passwort?
6 Sicherheitsrelevante Abwägung Kann ich abwägen, welche Inhalte zur Freigabe in Netzwerken angemessen sind?
7 Aufklärerische Arbeit bezüglich der Sicherheit Bin ich in der Lage über die Gefahren von beispielsweise Cyber-Mobbing aufzuklären und davor zu warnen?
8 Weitreichende Informationsvermittlung zur Sicherheit Kann ich ein professionelles Video zur Beantwortung diverser themenrelevanter Fragen erstellen, welches in sozialen Netzwerken zu Verfügung gestellt wird?


Kompetenzbereich 5: Problemlösung

Fertigkeitsgrad Fertigkeitsbeschreibung Fragen
1 Einfache Probleme bei der Nutzung von Endgeräten erkennen Kann ich ein auftretendes Problem in einer Liste möglicher Probleme ausfindig machen?
2 Anpassung digitaler Umgebungen Kann ich an einem Endgerät die Schriftgröße oder Bildschirmhelligkeit verändern?
3 Simple aktive Problemlösung Kann ich in einem geeigneten Forum um Hilfe zu meinem Problem fragen?
4 Weiterführende Problemlösung Kann ich mit anderen über die Probleme diskutieren und erkennen wo ich mich verbessern kann?



Wann ist das wichtig?

Die Erlangung von Fertigkeiten und Fähigkeiten von digitaler Kompetenz darf nicht allein die Aufgabe von Bürger_innen sein. Vielmehr müssen neben den infrastrukturellen Bedingungen auch Voraussetzungen und Rahmen geschaffen werden, innerhalb derer Individuen die Gelegenheit erhalten, sich die Kompetenzen im Umgang mit den oben geschilderten Fragen anzueignen. Diese zunächst basale Erkenntnis rückt angesichts der für alle europäischen Staaten gleichermaßen geltenden Digitalisierungsentwicklung Regierungen, politische und wirtschaftliche Akteure sowie Verantwortliche und Institutionen aus dem Bildungssektor in die Verantwortung. Die von der Europäischen Kommission initiierte Standardisierung in Form des DigComp-Referenzrahmens soll diesen komplexen Prozess vereinfachen und für politische Entscheidungsträger_innen aller Länder gleichermaßen anwendbar sein. Auf Basis der hier formulierten Kompetenzen sollen künftig Bildungsinitiativen an Schulen und Universitäten, aber auch im Bereich der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes leichter und einheitlicher durchzuführen sein.[10]


Quellenverzeichnis

  1. Carretero, Stephanie; Vuorikari, Riina und Yves Punie. 2017. DigComp 2.1. The Digital Competence Framework for Citizens with eight proficiency levels and examples of use. Luxembourg: Publications Office of the European Union. Aufgerufen am 02.02.2021, https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC106281/web-digcomp2.1pdf_(online).pdf, S. 6.
  2. Carretero, Stephanie; Vuorikari, Riina und Yves Punie. 2017. DigComp 2.1. The Digital Competence Framework for Citizens with eight proficiency levels and examples of use. Luxembourg: Publications Office of the European Union. Aufgerufen am 02.02.2021, https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC106281/web-digcomp2.1pdf_(online).pdf, S. 6.
  3. Carretero, Stephanie; Vuorikari, Riina und Yves Punie. 2017. DigComp 2.1. The Digital Competence Framework for Citizens with eight proficiency levels and examples of use. Luxembourg: Publications Office of the European Union. Aufgerufen am 02.02.2021, https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC106281/web-digcomp2.1pdf_(online).pdf, S. 21.
  4. Carretero, Stephanie; Vuorikari, Riina und Yves Punie. 2017. DigComp 2.1. The Digital Competence Framework for Citizens with eight proficiency levels and examples of use. Luxembourg: Publications Office of the European Union. Aufgerufen am 02.02.2021, https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC106281/web-digcomp2.1pdf_(online).pdf, S. 43.
  5. Rizza, Caroline. 2014. "Digital Competences." In Encyclopedia of Quality of Life and Well-Being Research, herausgegeben von Alex C. Michalos, 1614-1619. Dordrecht: Springer Science+Business Media. Aufgerufen am 02.02.2021, https://doi.org/10.1007/978-94-007-0753-5_731, S. 1615f.
  6. Rizza, Caroline. 2014. "Digital Competences." In Encyclopedia of Quality of Life and Well-Being Research, herausgegeben von Alex C. Michalos, 1614-1619. Dordrecht: Springer Science+Business Media. Aufgerufen am 02.02.2021, https://doi.org/10.1007/978-94-007-0753-5_731. S. 1614.
  7. Carretero, Stephanie; Vuorikari, Riina und Yves Punie. 2017. DigComp 2.1. The Digital Competence Framework for Citizens with eight proficiency levels and examples of use. Luxembourg: Publications Office of the European Union. Aufgerufen am 02.02.2021, https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC106281/web-digcomp2.1pdf_(online).pdf, S. 6; Übersetzung der Verfasserin.
  8. Carretero, Stephanie; Vuorikari, Riina und Yves Punie. 2017. DigComp 2.1. The Digital Competence Framework for Citizens with eight proficiency levels and examples of use. Luxembourg: Publications Office of the European Union. Aufgerufen am 02.02.2021, https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC106281/web-digcomp2.1pdf_(online).pdf, S. 6.
  9. Carretero, Stephanie; Vuorikari, Riina und Yves Punie. 2017. DigComp 2.1. The Digital Competence Framework for Citizens with eight proficiency levels and examples of use. Luxembourg: Publications Office of the European Union. Aufgerufen am 02.02.2021, https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC106281/web-digcomp2.1pdf_(online).pdf, S. 21-43.
  10. Carretero, Stephanie; Vuorikari, Riina und Yves Punie. 2017. DigComp 2.1. The Digital Competence Framework for Citizens with eight proficiency levels and examples of use. Luxembourg: Publications Office of the European Union. Aufgerufen am 02.02.2021, https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC106281/web-digcomp2.1pdf_(online).pdf, S. 6.

Die erste Version dieses Beitrags beruht auf studentischen Arbeiten im Rahmen des Projekts "Digitale Souveränität" am Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht und am Institut für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln.

Zitiervorschlag: Glossar Digitale Souveränität. 2021. „Digital Competence (Medienbildung).“ https://www.bigdataliteracy.net/glossar/. Zugegriffen am tt.mm.jjjj.