Hackerethik (Medienwissenschaft)

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Unter Hackerethik wird eine Weltanschauung verstanden, die in verschiedenen Varianten die soziale Aneignung von Computertechnologie bestimmten Wertvorstellungen unterwirft und dabei technischen Aktivismus mit Aufklärung verbindet.
Dieser Artikel verweist auf folgende weitere Beiträge:
Online-Aktivismus, Ideologie, Informationsfreiheit, Dateneigentum, Datensicherheit

Was bezeichnet dieser Begriff?

Als Hackerethik wird eine Gruppe von Weltanschauungen bezeichnet, die in verschiedenen Varianten die soziale Aneignung von Computertechnologie bestimmten Werten unterwerfen und dabei technischen Aktivismus mit Aufklärung verbinden. Die Weltanschauungen stammen vor allem aus den technikaffinen Subkulturen der 1980er und 1990er Jahre. Sie werden als Verpflichtung und Einsicht von Personen verstanden, die als ‚Hacker_innen‘ besondere Expertise mit technischem Aktivismus verbinden, indem sie etwa schädliche Infrastrukturen aufdecken, angreifen oder Tools und Infrastrukturen zur Verfügung stellen, die den eigenen Werten besser entsprechen.

Bei der Hackerethik handelt es sich nicht um ein homogenes, festgeschriebenes Konzept, jedoch arbeiten Michael Nagenborg und Saskia Sell auf der Grundlage einer Arbeit von Steven Levy einige wichtige Werte heraus. Diese lauten wie folgt:

  1. „Der Zugang zu Computern und allem, was einem zeigen kann, wie diese Welt funktioniert, sollte unbegrenzt und vollständig sein.“[1]
  2. „Alle Informationen müssen frei sein.“[2]
  3. „Mißtraue Autoritäten – fördere Dezentralisierung.“ [3]
  4. „Beurteile einen Hacker nach dem, was er tut und nicht nach üblichen Kriterien wie Aussehen, Alter, Rasse, Geschlecht oder gesellschaftlicher Stellung.“[4]
  5. „Man kann mit einem Computer Kunst und Schönheit schaffen.“[5]
  6. „Computer können dein Leben zum Besseren verändern.“[6]

Mit ihrer Kombination fester normativer Vorstellungen und aufklärerischer Ziele enthält die Hackerethik sowohl Aspekte einer eigenständigen Ideologie als Weltanschauung als auch ideologiekritische Ziele.

Woher kommt der Begriff?

Der Technologiephilosoph Michael Nagenborg und die Kommunikationswissenschaftlerin Saskia Sell haben beschrieben, wie die Erfahrungen der 1980er und 1990er Jahre „bis heute [das] normativ-reflexive[] Moment“ der Bewegung prägen.[7] Sie verorten die Anfänge der Hackerkultur allerdings bereits in den 1960er Jahren. Der Begriff „Hacker_in“ wird Nagenborg und Sell zufolge unterschiedlich benutzt, unter anderem um damit Tüftler_innen zu beschreiben, die mit Computersoftware und -hardware experimentieren, die entsprechenden Gemeinschaften angehören, die sich im Bereich der Cyberkriminalität bewegen, oder die Informationstechnologie benutzen, um anderen Streiche zu spielen.

Die von Steven Levy 1984 in seinem Buch Hackers[8] geprägte Hackerethik wurde schnell vom deutschen Chaos Computer Club aufgegriffen und um zwei neue Aspekte ergänzt. [9] Diese lauten: „Mülle nicht in den Daten anderer Leute“ und „Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen“.[10]

Nagenborg und Sell verbinden damit einerseits die Aufforderung, keine eigenen Daten auf fremden Computern zu hinterlassen, andererseits sollen „öffentliche Daten im Sinne der ersten Ergänzung genutzt werden.“[11] Neben „Mülle nicht in den Daten anderer Leute“ und "Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen“[12], heißt es, dass „private Daten aktiv geschützt werden“[13] sollen. Der vollständige Katalog der Hackerethik lässt sich gemeinsam mit einer kurzen Erläuterung auf der Website des Chaos Computer Club abrufen.[14]

Weiterführende Literatur

  • Levy, Steven. 1984. Hackers: Heroes of the Computer Revolution. Garden City (NY): Doubleday.
  • Nagenborg, Michael und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  • Chaos Computer Club. Ohne Angabe. Hackerethik. Abrufbar unter: https://www.ccc.de/de/hackerethik. Zugriff am 04.04.2024.

Quellenverzeichnis

  1. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 345. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  2. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 345f. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  3. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 346. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  4. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 347. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  5. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 348. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  6. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 348f. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  7. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 344. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  8. Vgl. Steven Levy. 1984. Hackers: Heroes of the Computer Revolution. Garden City (NY): Doubleday.
  9. Vgl. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 348. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  10. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 348f. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  11. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 348. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  12. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 349. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  13. Michael Nagenborg und Saskia Sell. 2016. „Hackerethik.“ In Handbuch Medien- und Informationsethik, herausgegeben von Jessica Heesen. Stuttgart: J. B. Metzler, 344-351, hier 349. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05394-7_47. Zugriff am 04.04.2024.
  14. Vgl. Chaos Computer Club. Ohne Angabe. Hackerethik. AAbrufbar unter: https://www.ccc.de/de/hackerethik. Zugriff am 04.04.2024.

Die erste Version dieses Beitrags wurde in studentischen Beiträgen im Rahmen des Projekts „Digitale Souveränität“ am Institut für Medienwissenschaften, Medienkultur und Theater der Universität zu Köln erstellt.


Zitiervorschlag: Glossar Digitale Souveränität. 2024. „Hackerethik (Medienwissenschaft).“ https://www.bigdataliteracy.net/glossar/. Zugegriffen am tt.mm.jjjj.